Interview mit der Autorin Felicitas Heyne

Warum dieses Buch?

In Umfragen geben regelmäßig 25 - 30 % aller Frauen an, dass ihre Partnerschaft unter der schwierigen Beziehung zwischen ihnen und ihrer Schwiegermutter leide. Insgesamt gehen Experten heute davon aus, dass bei etwa 12,5% aller Ehen, die vor dem Scheidungsrichter enden, die Schwiegermutter eines Partners eine ausschlaggebende Rolle spielt. In anderen Worten: Jede achte Ehe scheitert (auch) an der Mutter eines der beiden Partner. Nicht erfasst ist in all diesen Statistiken natürlich die Dunkelziffer derjenigen Fälle, in denen sich unverheiratete Paare trennen bzw. es gar nicht erst zu einer Ehe kommt, weil die Schwiegermutter vorab erfolgreich intrigiert hat. Im Umkehrschluss kann man natürlich mit derselben Berechtigung sagen, dass drei Viertel aller Frauen, die in Partnerschaften leben, mehr oder weniger gut mit der Mutter ihres Partners zurecht kommen. Trotzdem ist gerade das Verhältnis zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter oft nicht das beste. Das kann zur ziemlichen Belastungen für die Schwiegertochter werden.

Abfällige Schwiegermutterwitze werden aber doch meistens von Männern erzählt. Hätten Sie nicht lieber einen Ratgeber für Schwiegersöhne schreiben sollen?

Nein, interessanterweise gibt es da ein klares Missverhältnis zwischen Mythos und Wahrheit. Sehr viel mehr Schwiegersöhne als Schwiegertöchter kommen gut bis sehr gut mit ihrer Schwiegermutter klar. Die Konstellation Schwiegermutter - Schwiegertochter scheint sehr viel problematischer und spannungsgeladener zu sein. Die Schwiegersöhne ziehen zwar am Stammtisch gerne über Schwiegermütter im Allgemeinen her, befragt man sie dann aber mal detaillierter, stellt sich sehr oft heraus, dass sie ihre eigene Schwiegermutter eigentlich recht gerne mögen. Umgekehrt beklagen sich Schwiegertöchter in der Regel erst dann, wenn sie wirklich stark unter der Schwiegermutter zu leiden haben - dabei hätten sie objektiv betrachtet offenbar häufiger Grund zur Klage.


Gibt es eine Erklärung dafür, warum es zwischen Schwiegermüttern und Schwiegertöchtern häufiger schlecht läuft?

Es gibt verschiedene mögliche Erklärungsansätze. Evolutionär betrachtet besteht zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter sozusagen von Natur aus ein problematisches Verhältnis deshalb, weil erstere eher daran interessiert ist, dass ihr Sohn mit möglichst vielen verschiedenen Frauen Kinder bekommt und so auch ihre eigenen Gene vielfältig weitergegeben werden. Letztere möchte den Vater ihrer Kinder dagegen natürlich eher für sich behalten.

Eine große Rolle spielt auch das in vielen Fällen sehr enge Verhältnis, das Mütter zu ihren Söhnen haben. Sie betrachten den Sohn - vor allem dann, wenn er der Erstgeborene oder gar der einzige ist - häufig als eine Art Partnerersatz für einen Ehemann, der nicht alle ihre Bedürfnisse nach Anerkennung und Zuwendung erfüllt. Natürlich tun sich solche Mütter dann schwer damit, wenn eine andere Frau mit einem Mal den ersten Platz im Herzen des Sohnes einnehmen will. Da entsteht dann oft eine sehr ungute Konkurrenzsituation.

Dasselbe kann auch dann passieren, wenn die Mutter zu einem sehr verwöhnenden, besitzergreifenden Erziehungsstil neigte, ihren Sohn also schon immer stark verhätschelt und beeinflusst hat. Dann haben wir es in aller Regel mit dem typischen „Muttersöhnchen“ zu tun, das schon mit dem Kochen eines Eis oder dem Bügeln eines Hemdes völlig überfordert ist. Verlangt dann plötzlich die Partnerin, dass das Herzblättchen doch bitte selbständig den Müll rausbringen möge, ist Mutti tief empört über dieses Ansinnen und fühlt sich berufen, das Söhnchen vor diesen unbilligen Ansprüchen in Schutz zu nehmen. Last but not least gibt es natürlich auch den Muttertyp, der von der Einzigartigkeit des Sohnes derart eingenommen ist, dass es in ihren Augen ohnehin keine Frau gibt, die seiner würdig wäre.


Was tun denn die Schwiegermütter, die ihren Schwiegertöchtern das Leben schwer machen?

Da gibt es ganz unterschiedliche Typen von Schwiegermüttern. Manche sind schlicht und einfach so ablehnend und unnahbar, dass die Schwiegertochter gar nicht anders kann als sich unerwünscht zu fühlen. Andere wollen mit aller Macht das Szepter im Leben ihres Sohnes nicht aus der Hand geben und reden dem jungen Paar ungefragt in alles und jedes rein oder sind dauerpräsent in deren Haushalt. Wieder andere kritisieren, was das Zeug hält und lassen keine Gelegenheit aus, der Schwiegertochter zu verstehen zu geben, dass sie selbst die bessere Frau, Mutter und Hausfrau sind. Sehr gefährlich ist auch der Typ der „Intrigenspinne“, die der Schwiegertochter gegenüber zwar niemals ein böses Wort verlauten lässt, hinter den Kulissen aber die Fäden zieht und alles daran setzt, das junge Paar auseinander zu bringen. Und schließlich gibt es auch noch diejenigen Schwiegermütter, die sich verzweifelt an Sohn und Schwiegertochter klammern, weil sie sich alleine einsam fühlen und unbedingt dauernden Kontakt wünschen. Selbstverständlich kommen auch Mischformen der verschiedenen Typen in jeder nur denkbaren Variante vor.


Und wie erreichen die Schwiegermütter dann ihre Ziele?

Das kommt ganz auf den jeweiligen Typ und dessen persönliches „Waffenarsenal“ an. Überwachung und Kontrolle sind sehr beliebte Methoden, sowohl persönlich wie auch telefonisch, oder auch mit Hilfe anderer Personen. Ein beliebter Trick ist auch, das junge Paar mittels Geschenken, finanzieller oder anderer Unterstützung oder durch billiges / kostenloses Wohnen in die Position der Dankesschuldner zu manövrieren - und diesen Vorteil dann gnadenlos auszuspielen. Emotionale Erpressung und Dauerjammern gehören natürlich zur Standardausrüstung vieler Schwiegermütter, das kann dann auch bis hin zu Selbstmorddrohungen gehen, wenn die Schwiegertochter anders nicht spurt. Und leider werden auch die Enkelkinder, sofern denn welche vorhanden sind, nicht selten als Waffe im Kampf zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter missbraucht.


Was tut man denn nun als Schwiegertochter, wenn man mit dem persönlichen Schwiegerdrachen im Dauerclinch liegt?

Da gibt es wirklich sehr viele Möglichkeiten! Ganz wichtig ist es, der eigenen Wahrnehmung wieder zu vertrauen und sich nicht von anderen einreden zu lassen, das alles sei nur „halb so schlimm“, wenn man selbst unter den Attacken der Schwiegermutter leidet. Das erste, was in einem solchen Schwiegermutter-Schwiegertochter-Krieg oft baden geht, ist das Selbstwertgefühl der Schwiegertochter. Das muss sie systematisch wieder aufbauen, damit sie es sich dann auch zutraut, der Schwiegermutter mal die Stirn zu bieten.

Mir lag es sehr am Herzen, den Schwiegertöchtern möglichst viele Praxisbeispiele und Tipps zu geben, wie sie sich in konkreten Situationen zur Wehr setzen können, ohne dabei aggressiv zu werden. Weil jede Frau und jede Situation einzigartig sind, passt sicher nicht jeder Ratschlag und jede Strategie für jede Leserin, deshalb habe ich eine große Auswahl von möglichen Vorgehensweisen mit Beispielen zusammengestellt. So kann sich jede Schwiegertochter das für sie selbst und ihre konkrete Situation Passende heraussuchen. Oft sind es ja nur Kleinigkeiten, die man anders machen muss, damit sich das Klima entspannt oder die eigene Position endlich einmal von anderen ernst genommen wird.

Selbstverständlich müssen alle im Buch vorgestellten Strategien ein bisschen trainiert werden, aber sie sind alle leicht verständlich und anwendbar. Wichtig war mir auch, den Schwiegertöchtern mögliche Ursachen für das Verhalten ihrer Schwiegermütter aufzuzeigen. Ich glaube nämlich, dass es für viele Schwiegertöchter einfacher wird, mit den „Marotten“ ihrer Schwiegermütter umzugehen, wenn sie erst einmal Verständnis dafür entwickeln, was hinter deren Verhalten steckt. Aus einer solchen Perspektive fällt es dann auch leichter, sich nicht immer sofort persönlich angegriffen zu fühlen oder auch mal in der einen oder anderen Situation einfach über den Dingen zu stehen.

Eine zentrale Rolle kommt in dem ganzen Konflikt natürlich dem Partner zu, das ist etwas, vor dem viele Frauen lange die Augen verschließen, weil es sehr frustrierend ist zu erkennen, dass eine Schwiegermutter einer Schwiegertochter das Leben nur so schwer machen kann, wie der Partner ihr das erlaubt. Deshalb widmet sich ein großer Teil des Buchs auch der Frage, warum sich der Partner eventuell so wenig unterstützend gegenüber seiner Partnerin zeigt und wie sie ihn doch noch zum Verbündeten gewinnen kann. Die meisten Schwiegermutter-Konflikte deeskalieren nämlich sehr rasch, sobald der Partner einmal eindeutig Position bezogen und seine Mutter in die Schranken gewiesen hat. Außerdem beschäftigen wir uns in dem Buch auch mit der Frage, wie man die Kinder möglichst aus dem Konflikt heraushalten kann.


Gibt es Fälle, in denen auch ein Kontaktabbruch zur Schwiegermutter gerechtfertigt ist?

Die gibt es, allerdings empfehle ich eine so extreme Maßnahme nur als wirklich allerletztes Mittel und nach sorgfältiger Überlegung. Die Schwiegermutter ist und bleibt nun mal die Mutter des Mannes, mit dem man selbst sein Leben verbringen will. Ohne sie gäbe es ihn auch nicht. Und sie bleibt auch die Großmutter der Kinder, wenn welche vorhanden sind. So ein wichtiges Familienmitglied einfach aus dem Leben zu streichen, ist ein unmögliches Unterfangen und führt oft dazu, dass sich alle Beteiligten unterschwellig noch viel mehr mit dem Konflikt beschäftigen (müssen), als bei einem offenen Streit. Es gibt aber durchaus Möglichkeiten, den Kontakt zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter so weit einzustellen oder zumindest zu minimieren, dass die Schwiegertochter eine deutliche Entlastung spürt. Sie ist da aber auch als Erwachsene gefordert, die bei allem Leidensdruck neben dem eigenen Wohl auch das des Partners und der Kinder im Auge behalten muss. Sonst wird der Kontaktabbruch irgendwann zum Bumerang, der mehr Schaden anrichtet als die Schwiegermutter selbst.